Aus gegebenen Anlass berichte ich von der ersten und der zweiten Mannschaft in einem Artikel, fanden doch die Kämpfe am gleichen Wochenende und am gleichen Ort (in der Nadelfabrik statt).
Am Samstag stand zunächst das Duell gegen den Titelverteidiger und Tabellenführer Baden-Oos an. Wir verloren erwartungsgemäß, aber nur knapp mit 3,5:4,5. Man muss aber einräumen, dass auch nur ein Unentschieden zu keiner Zeit in Reichweite war: Die Schwarzniederlagen von Ilja gegen den deutschen Aserbeidschaner mit lettischen Wurzeln (oder so ähnlich) sowie von Lupulescu gegen die polnische Nummer 1 waren glatte Angelegenheiten. Ivanchuk hielt bei seinem ersten Einsatz gegen den allgemein MVL abgekürzten französischen Topmann die Kasse, während Bindrich sicherlich gegen den besten Spanier (Nationalität, nicht Eröffnung) auf Verlust stand, aber noch ins Remis entwich. Jorden hatte gegen den Ex-WM Anand (indische Nummer 1) genau so wenig Gewinnaussichten wie Parligras gegen Adams (führend in Merry Old England), da hatte eher der Brite Gewinnambitionen mit der besseren Bauernstellung. Florian hatte optische Vorteile gegen Bacrot, der in Frankreich „nur“ als zweiter geführt wird, da der schon erwähnte Vachier-Lagraeve eben noch vor ihm ist, aber wohl auch keine wirklichen Gewinnchancen gegen den 2700+-Spieler. Nur Alexander Donchenko konnte seinen Aufschlag gegen Movsesian durchbringen – eigentlich war der Vorteil zwei Läufer gegen Läufer und Springer nur symbolisch, aber „Mov“ griff nach der Zeitkontrolle deutlich fehl und ermöglichte so den Ehrentreffer für uns. Im Parallelkampf überrollte Solingen Speyer mit 7,5:0,5; nur am Spitzenbrett musste Harikrishna mit der Punkteteilung zufrieden sein (die besserwisserische Engine zeigt an, dass er mal auf Verlust stand). Nebeneffekt war dabei, dass die Tabellenführung nach Brettpunkten wechselte. Von den übrigen Ergebnissen überraschte nur Norderstedt mit dem ersten Punktgewinn. Das 4:4 gegen Hofheim wird Norderstedt nicht vor dem Abstieg bewahren, aber vielleicht Hofheim mal teuer zu stehen kommen. Beklagen können die sich aber nicht – an Brett 8 hielt der bekannte Problemlöser Arno Zude beim Stand von 3,5:3,5 ein Endspiel mit zwei Minusbauern nur dank technischer Defizite seines Gegners und eines Pattwitzes. In allen anderen Kämpfen gewannen die Favoriten, wenn auch teilweise mühsam mit 4,5 (Bremen, Hockenheim).
Am Sonntag kam es dann zum Spitzenkampf zwischen Solingen und Baden. Ich nehme an, dass die Zuschauer sowohl im Foyer als auch bei der Liveübertragung ein wenig enttäuscht waren. Der Kampf erinnert ein wenig an ein Fußballspitzenspiel mit viel Mittelfeldgeplänkel und wenig Torraumszenen. Sechs Partien endeten nach 20 (Minimum) bis unter 40 Zügen Remis, wobei wenn überhaupt jemand, dann die Solinger leichte Vorteile gehabt hatten. Entscheidend war der Sieg von L’ami gegen das altehrwürdige Cambridge-Springs, das von Naiditsch entkorkt worden war. Weiß hatte Raumvorteil und Schwarz das Läuferpaar (auf diesem Level wird der Lg5 nicht eingestellt, sondern rechtzeitig auf f6 abgetauscht). Der Raumvorteil wog schwerer, wie der Niederländer in einer beeindruckenden Positionspartie unter Beweis stellen konnte. Damit war der Kampf entschieden, denn Adams hatte ein stilles Remisangebot durch Zugwiederholung abgelehnt und sich beim Versuch, etwas zu reißen, Bauernschwächen eingehandelt. Später zog er die Notbremse und wickelte in ein turmendspiel mit zwei gegen drei Bauern auf einem Flügel ab, das angesichts des abgeschittenen schwarzen Königs auf der achten Reihe klar Remis war. Van Wely spielte zwar noch ein paar Züge weiter, aber am Ergebnis änderte sich nichts mehr. Im Schatten dieses Kampfes besiegte unser Trupp Speyer klar mit 5,5:2,5, wobei der Sieg höher hätte ausfallen können. Michael Hoffmann hatte die Zugreihenfolge vertauscht und musste Dauerschach geben – andersrum hätte Schwarz quasi direkt aufgeben können. Florian hatte gegen Sarah Hoolt ein typisches besseres Endspiel mit ewigem Springer auf e5 gegen den französischen Läufer. Die Frauen-GM gab mit d4 einen Bauern, um den Läufer etwas Luft zu geben – das muss eine Gewinnstellung gewesen sein. Der Damentausch im 41. Zug war wohl verfehlt, langsameres Vorgehen dürfte wohl gewinnträchtig gewesen sein. Twan und Christian hatten ihre Gegner jeweils vor der Zeitkontrolle erledigt. Ivanchuk war indisponiert und war erfolglos gegen die Berliner Mauer angerannt, Schwarz wurde enorm aktiv und gewann eine von ihm gut gespielte Partie. Jorden hatte zumindest optische Vorteile, allerdings endete die Partie hier mit Dauerschach – nimmt er stattdessen den Turm wieder, gibt halt der Gegner Dauerschach. Lupulescu hatte schon vor der Zeitkontrolle zwei Mehrbauern rausgearbeitet, spielte aber dennoch die längste Partie, wobei mir scheint, dass sein Gegner ein paar Züge zu lang gespielt hat. Die Partie des Tages spielte sicher Parligras, der scheinbar aus dem Nichts Sc6-b4 ausführte, obwohl der Ba3 das Feld kontrolliert. Nun, nach axb4 wird zweimal auf der f-Linie geschlagen und dann eine fiese Drohung Lxf3+ aufgestellt, da geht dann nichts mehr. Hat man den Zug in Betracht gezogen, kann man das nachrechnen, aber ich wäre wohl achtlos dran vorbei gegangen. Sein Gegner nahm also von axb4 Abstand, aber der Springer schlug auf a2 und c1 beide Läufer, während Weiß nur Springer schlagen konnte; in der entstandenen Stellung waren die Läufer deutlich überlegen und eroberten am Ende einen der Springer. In den anderen Wettkämpfen gab es einige Überraschungen: Zugzwang München erreichte ein 4:4 gegen Bremen, die Berliner schlagen Deizisau und Dresden bleibt gegen Schwäbisch Hall siegreich.
Solingen ist nunmehr mit zwei Mannschaftspunkten Vorsprung vorne, aber für die Meisterfeier zur Krönung des Jubiläumsjahrs (die Schachgesellschaft wurde 1868 gegründet) ist es noch zu früh, denn mit den vierten bis siebten der Tabelle sind noch einige potentielle Stolpersteine aus dem Weg zu räumen. Wir liegen mit 12:8 im vorderen Mittelfeld punkgleich mit den Teams auf 5 und 6. Im Tabellenkeller stehen noch einige Begegnungen untereinander an; sicher wird es der Hamburger SK schaffen, den ominösen Platz 13 nach vorne zu verlassen und Speyer oder Hofheim das Nachsehen zu geben. Hofheim ist auch unser nächstes Reiseziel, schon am 10./11.03. geht es weiter. Am Samstag wird es gegen Hockenheim nicht leicht werden und am Sonntag werden wir gegen den Gastgeber Favorit sein.
Eine Stunde später als die erste Liga startete der Kampf Solingen II – DJK II. Allerdings hatte Solingen sich bereiterklärt, zu uns zu kommen, somit spielten wir einen Auswärtskampf zu Hause. Allerdings machten wir nichts aus dem „Heimvorteil“. Ein Kurzremis von Wladimir war das erste Ergebnis, und sonst sah es schlecht aus: Dirk hatte mannhaft Remis abgelehnt, musste sich aber dann vom Bh3 verabschieden, weil die Batterie Lc7 Dd6 nur durch g3 zu entschärfen war, was zum Verlust dieses Bauern führte; er schaffte aber noch die Punkteteilung. Siem stand unter Druck, hatte aber auch noch einen Remisweg gefunden. Ich hingegen hatte übermotiviert ein sehr anrüchiges System gewählt, auf das mein Gegner aber bestens vorbereitet war; ich kassierte eine klare Niederlage. Auch Dmitrii hatte Probleme, denn der Lg3 starrte auf den Be5 und war nicht am Damenflügel, wo etwas los war – auch die Partie ging verloren. Roeland Pruijssers wurde mit Russisch ausgebremst und Fernando Braga hatte auch Nachteil, da der Gegner einen Freibauern auf b3 hatte, der vom Le6 gedeckt war. Diese Partie wurde die längste des Tages, etwa im Zug 60 stellte Gupta seine Gewinnversuche ein. Martijn bewies seine aktuell gute Form und schlug den Präsidenten der Schachbundesliga Markus Schäfer sicher. Mit dieser 3,5:4,5-Niederlage gaben wir die führung wieder an Mainz ab (wieder nur 4:4, diesmal gegen KKS). Düsseldorf rückte durch einen Sieg an Dortmund auf einen Punkt heran und zog gleichzeitig an uns vorbei. Solingen ist mit 9 MP dahinter und auch im sicheren Hafen. Die Mannschaften von 5 bis 9 spielen alle noch gegen den Abstieg, nur Bochum auf 10 ist nicht mehr zu retten. Am nächsten Spieltag trifft der Neunte ASV auf den Achten Porz. Sollte ASV dieses Match verlieren, dürfte der Klassenerhalt wohl kaum mehr klappen. Wir reisen nach Dortmund (diesmal ein echtes Auswärtsspiel), die auch noch nicht gesichert sind. Mal sehen, wie es werden wird.
Übrigens gewann DJK III gegen Godesberg II parallel mit 4:4. Hä? 4:4 ist doch unentschieden? In der Regionalliga nicht, da zählt ein Sieg am Brett 3:1 und ein kampfloser Sieg 3:0. Da GSK II das Spitzenbrett nicht besetzte, ist das Ergebnis korrekterweise nicht 4:4, sondern 16:15. Die Regel soll wohl die Seuche kampfloser Partien eindämmen – ob es was nutzt?