Michael´s Vorbericht zur neuen Schachbundesligasaison 2017 – 2018

Wie schon in der letzten Saison berichtet Michael Buscher die Schachbundesligawochenende mit seiner berühmten „spitzfindigen“ Wortart auf unserer Homepage nach. Da darf natürlich ein Vorbericht nicht fehlen. Hier ist er nun:

Am kommenden Wochenende geht es wieder los mit Erstligaschach. Während alle anderen Ligen zumindest schon einen Spieltag absolviert haben, startet die Top-Klasse nach dem Motto „Das beste kommt zum Schluss“ erst jetzt, wobei Ursache wohl weniger Dramaturgie als vielmehr die Tatsache ist, dass in der vergangenen Woche der „European Club Cup“ stattgefunden hat – übrigens ohne deutsche Beteiligung; der Austragungsort Antalya/Türkei wurde auch von allen belgischen und mit einer Ausnahme allen niederländischen Vereinen boykottiert, was ich gut nachvollziehen kann.

In der letzten Saison hat der Champion Baden-Oos sechsmal verloren. Sechsmal? Genau, von den insgesamt 120 Partien gingen exakt sechs verloren. Aus den restlichen 114 wurde nicht weniger als 92,5 Punkte geholt, was zu einem 30:0-Durchmarsch „reichte“. Der Kader mit vier der Top 10 der Welt und dazu zwei Ex-Weltmeistern der Herren hat lediglich leichte Positionsverschiebungen gehabt und nur Georg Meier (letzte Saison 8 aus 8 an untern Brettern) verließ den Verein – darauf komme ich noch zurück. Ersetzt wurde er durch eine Frau – klingt fast beleidigend, aber immerhin hat diese Frau als einzige auf der Welt mehr ELO als er…  Hou Yifan ist zwar offiziell nicht mehr Weltmeisterin, aber sicher die stärkste schachspielende Frau dieses Planeten. Wie oft der Mannschaftsführer Noppes sie einsetzen wird, werden wir sehen. Jedenfalls gibt es keinen Zweifel daran, dass die OSG klarer Favorit auf den Titel ist – spannend ist eher die Frage, ob sie die 100 Brettpunkte diesmal knacken werden (ich prognostiziere, dass das nicht klappen wird).

Zweiter wurde Hockenheim. Dort finden wir ebenfalls zwei frühere Weltmeister der Herren im Kader, nämlich Karpov und Ponomariov. Karpov wird eher nicht so oft zum Einsatz kommen, es ist eher mit den Spielern der Hinterachse zu rechnen – oder besser der B-Säule, wurden doch an 11-16 gemeldet Buhmann, Baramidze, Banusz, Braun (Arik, nicht etwa Christian), Boguslawski und Bodrozic, außerdem an 8 Balogh. Ich habe kein Angebot von dort bekommen, denn für Rang 17 (Juniorenbrett) bin ich ein wenig zu alt. Ich tippe mal darauf, dass Hockenheim wieder – als „best oft he rest“ als Zweiter ins Ziel einlaufen wird.

Auf dem Bronzerang landete Solingen. Ob das für den damaligen Titelverteidiger eine Enttäuschung war, weiß ich nicht – der Kader wurde jedenfalls noch niederländischer (van Wely und Bok) sowie indischer mit Ganguly, dafür musste z.B. der Präsident von Schachbundesliga e.V. Markus Schäfer ins zweite Glied (-> Solingen 2 in der 2. Liga). Ich tippe auf Platz 3, wobei bei gutem Verlauf auch der zweite Platz drin sein könnte – aber eben normalerweise nicht der Titel.

Vierter der Vorsaison war Schwäbisch Hall. Li Chao und Inarkiev wechselten Brett 1 und 2 – warum ist nicht klar, der Chinese hatte ein Ergebnis von 0 aus 0, da ist das wenig relevant. Ansonsten  hat sich hier der Kader nicht verändert – es sind die gleichen 16 Spieler wie bisher. Schwäbisch Hall hat übrigens die größte Differenz zwischen „Schnitt der Top 8“ und „Schnitt real“ gehabt. Wenn sie bei dem Konzept der Optimierung des finanziellen Aufwands bleiben und wieder viel mit der zweite Garde spielen, dürften sie nach meiner Prognose maximal sechster werden.

Auf Platz 5 landete die Schachabteilung eines Fußballvereins, nämlich Werder Bremen. Diesen Verein verließ mit Matthias Blübaum einer der stärksten deutschen Spieler, was man dort ersichtlich übel nahm. Blübaum hatte als Einziger alle 15 Partien gespielt und ist auch in der Hinsicht nicht leicht zu ersetzen. Ich denke, dass man sich mit Platz 7 wird begnügen müssen.

Mülheim-Nord wurde sechster, nach Brettpunkten wäre es Platz 9 gewesen. Einen so günstigen Verlauf traue ich dem Verein nicht zu, der zudem den Abgang zweier Großmeister verkraften muss. (Berelovich wechselte nach Düsseldorf in die 2. Liga; dort hat man evtl. Ambitionen, erstklassig zu werden.) Kein Abstiesgskampf, aber zweistelliger Tabellenplatz behauptet meine Glaskugel.

Auf Platz 7 lief Dresden ein. Der Kader mit Nisipeanu und Pähtz ist praktisch unverändert, er ist auch eine ähnliche Platzierung wie im Vorjahr zu erwarten. Ich tippe auf 8 oder 9.

Für den Achtplatzierten Trier fällt die Prognose leicht:  Man hat Team zurückgezogen und engagiert sich jetzt nach dem „Trexit“ auf der britischen Insel in der 4NCL.

Neunter wurde Hamburg. Dort setzt man auch auf die bewährt Mischung aus Jung und Alt. Sie werden mit z.B. Mülheim um Platz 10 ringen, stelle ich mal in den Raum.

Dort war zuletzt Berlin. Der Kader hat sich deutlich verändert, einige Rückkehrer wie der allseits bekannte IM Ilja Schneider ersetzen z.B. Topalov – was nicht schlimm ist, ein Ex-Weltmeister hilft nicht weiter, wenn er nicht eingesetzt wird. Auch das ist eine Mannschaft, die sich um Platz 10 rangelt.

Wir wurden in der Premierensaison 11. Ganz zufrieden waren wir damit nicht, und mit den Neuzugängen vor allem aus Trier (besonders zu erwähnen ist natürlich Ivanchuk) sollte diesmal der einstellige Tabellenplatz drin sein. Ich hoffe auf wenigstens 16:14 und damit Platz 8.

Zugwang München erreichte zur Überraschung aller Platz 12 und damit den sportlichen Nichtabstieg – für mich die Überraschung des letzten Spieljahrs. Das Team blieb praktisch unverändert und wird ein erneutes Schachwunder benötigen, um wieder die Klasse zu halten. Damit rechne ich allerdings nicht ; diesmal werden sie wirklich unterm Strich einlaufen.

Bayern München war als 13. eigentlich abgestiegen, blieb aber nach dem Rückzug von Trier drin. (Auch nicht das erste Mal, dass sich Bayern so halten kann.) Im Gegensatz zur Fußball-Abteilung hat sich die Schachabteilung auf dem transfermarkt wenig betätigt, so dass auch hier am Ende der kommenden Saison zunächst mal ein Abstiegsplatz zu Buche stehen wird.

Noch glücklicher hielt Speyer-Schwegenheim die Klasse, denn aus der 2. Liga Ost gab es keinen Aufsteiger. Die dortigen Verantwortlichen haben etwas umgebaut und u.a. Sarah Hoolt verpflichtet, die zuletzt deutlich zulegen konnte und mit etwa 2440 ELO inzwischen klar die Nummer 2 der deutschen Damen ist. Ich tippe auf Platz 12.

Aus der Weststaffel stieg Hofheim als Dritter auf, auch nicht alltäglich. Verändert wurde die Mannschaft kaum, so dass man ihr harte Zeiten in der ersten Liga vorhersagen muss. Platz 13, mehr ist nicht drin.

Den Süden dominierte ein Verein namens Deizisau mit 58/72. Dennoch wurde vom Präsidenten Noppes (jawohl, identisch mit dem MF von OSG Baden!) weitere Verstärkung an Land gezogen, von Bremen kam Blübaum und von der OSG der schon erwähnte Meier. (Offenbar ist Noppes vom §181 BGB – Verbot des „In-Sich-Geschäftes“ – befreit.) Weiter finden wir im sogenannten Farmteam der OSG den als Supertalent geltenden Vincent Keymer. Man muss Deizisau Platz 5 zutrauen.

Norderstedt kommt aus der Nordstaffel nach oben. Dieses Team ist von der Aufstellung her vergleichbar mit Aachen  – aber Aachen II wohlgemerkt. In der rauhen Bundesligaluft bekommt Norderstedt viel Wind von vorne und wird sich auf dem südlichsten aller Plätze, nämlich Rang 16 wiederfinden.

 

 

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